Großer Rahmen bei einer ehrenvollen Siegerehrung mit einem würdigen Meister und einem fairen Vizemeister: Nach mehr als achtstündigem Tennismarathon knallten die Sektkorken. Und Bierduschen verklebten die Haarpracht, so bei Meister-Coach Hartmut Bielefeld – der TC Fidonia Bocholt nimmt die Tennisfeten, wie sie kommen.
Pfingstsonntag Abend, nach einem langen Entscheidungstag mit Gewitterpausen und spannungsgeladenen Matches im Meisterschaftsendspiel der 1. Tennis Warehouse Europe-Damen-Bundesliga gegen den (ewigen) Zweiten M2Beauté Ratingen: Es war den Girls des TC Fidonia Bocholt die Erleichterung anzusehen. Und so richtig gelöst wirkten sie erst später bei der blau-weißen Nacht auf der Terrasse des Klubheims des TC Blau-Weiß Bocholt, der in seiner 120-jährigen Geschichte schon so einiges erlebt hatte. Aber nicht eine Erstliga-Mannschaft, die seit drei Jahren die Liga dominiert und einen Teamgeist entwickelt, der andernorts offenbar Bewunderung hervorruft.
Coach Hartmut Bielefeld versteht es immer wieder, die eigentlichen Individualisten zu einem Team zu formen – und sie einzustimmen. Das Team spielt seit Jahren – mit wenigen Ausnahmen – zusammen. Diesmal konnte am Finaltag gar das Fehlen der Nummer eins Alizé Cornet (24. der neuen heutigen Weltrangliste) kompensiert werden, die aus familiären Gründen kurzfristig mit großem Bedauern hatte absagen müssen, und der leicht schulterverletzten Lucie Safarova (Sprung auf WTA-Platz 21).
Die anderen sprangen an der Spitze mit Klara Koukalova ein, die aufgrund einer Pollenallergie lieber im Bett geblieben wäre. Und echten Teamspirit gab zudem Anna-Lena Grönefeld nach ihrer großen Woche beim Grand Slam in Paris mit dem zweiten Mixed-Titel ihrer Laufbahn – und unbändigem Siegeswillen. Das war wohl auch der Kick im Doppel mit Irina Begu, als die beiden den letzten fehlen Point beim 5:4 zum Titel holten. Powerfrauen durch und durch.
Dreimal Meister in Folge: Das ist bisher einmalig in der 16-jährigen Geschichte der Eliteliga, die 1999 ins Leben gerufen wurde. Aber auch davor war Bocholt obenauf. So 2011, als im Endspiel in Bocholt der TC Radolfzell mit 5:4 gewann und die prunkvolle Siegerehrung genoss, die eigentlich für die Bocholterinnen – damals unter dem Namen TC BW WattExtra – hätte arrangiert werden sollen. Jeweils zuständig: die Bocholter Stadtmarketing, die mit ihrem Geschäftsführer, Ideengeber und Tausendsassa Ludger Dieckhues für anerkennende Nachhaltigkeit sorgt. Selbst beim Gegner.
Seit 2010 in der Spitze – zweimal Vize-, dreimal Meister
Und sogar ein Jahr davor, 2010, war Bocholt ganz nah am Titel, unterlag aber im unvergessenen Fernduell dem TC Radolfzell, der sich nach 2011 komplett zurückzog. Bei gleichem Punkt- und Match-Punktverhältnis hatte damals das Satzverhältnis über den Titel entschieden. Auch das ist bisher einmalig.
Bocholters Erster Stadtrat Thomas Waschki verglich bei der Siegerehrung den TC Fidonia Bocholt als Triple-Sieger mit "seinem" FC Bayern München – was im münsterländischen Bocholt mit vielen Schalke- und BVB-Anhängern natürlich Pfiffe hervorrufen musste. Die Mannschaft sei ein würdiger Meister und wertvoller Botschafter Bocholts in Tennis-Deutschland, sagte der städtische Vertreter.
Und TC-Blau-Weiß-Präsident Patrick Küppers, der das Amt von seiner Mutter und jetzigen Ehrenpräsidentin Elke Küppers übernommen hatte, freute bei seiner ersten Amtshandlung dieser Art mit den vielen Fans schon auf die nächste Saison: "Wir wollen noch weitere Titel." Und vor der großen Sause gab es auch großes Lob für die vielen Helfer inklusive der Ballkinder.
Trotz heftigen Gewitterregens habe das Team um Sportwart Thomas Hegmann erstklassige Arbeit geleistet, zollte auch DTB-Leistungssportreferentin Helen Spieth den Bocholtern vollste Anerkennung. Das Kompliment ging runter wie später die Gerstenkaltschale.
Einige Spielerinnen hatten zu dem Zeitpunkt schon wieder diese Turnierwoche im Kopf: Klara Koukalova (WTA-33.) und Barbora Zahlavova-Strycova (WTA-62.) – deren Namen richtig auszusprechen jedem Radioreporter die Zunge zerbricht – flogen flugs mit einem Privatflieger nach Birmingham zur Grassaison auf die Insel – auch das ist typisch für Bocholt und den TC Fidonia.
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